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Griechenland

Irgendwas ist ja immer
(
Motorradreise nach Griechenland im Jahr 2002)

 

 

 

1997 schon war ich mit Rolf in Griechenland, eine Tour, die leider ein etwas tragisches Ende genommen hatte, hatte Rolf doch meine Vollbremsung zu spät erkannt und war mir somit in den linken Koffer der RT gefahren. Der anschliessende Sturz zwang ihn damals samt seiner Uschi und Amanda, wie er seine Guzzi nennt, per ADAC nach Hause zu fliegen. Schon damals sagte Rolf “Die Tour setzen wir fort”. Und so sollte es sein, Ende Mai 2002.
Drei Männer, drei Maschinen, allesamt Mitglieder der Prison Devils, einem kleinen aber feinen Motorrad Club, den Rolf ins Leben gerufen hat, und die Parole - das zarte Geschlecht möge uns verzeihen - “keine Frauen” - waren das Rezept für eine Griechenland Tour, die uns allen in Erinnerung bleiben wird. Im Einzelnen Rolf (Onkel Rolf) mit seiner California II, die den damaligen Sturz besser verkraftet hatte, als der Fahrer. Ulf (Uuuuuulf) mit seiner Yamaha XS900, der nach dem Fiasko in Italien ein neuer Motor spendiert worden war und nicht zuletzt “Tour Guide” Ralf (El Greco), also ich auf meiner FJR 1300.
Die Anreise ging diesmal über Österreich wobei uns das Timmelsjoch leider wegen plötzlichen Schneefällen versperrt wurde und somit der etwas langweilige Brenner Pass das Tor zu Italien wurde. Der Weg führte nach Ancona, wo die Superfast uns erwarten sollte um uns über die Adria nach Igoumenitsa zu bringen. “Sollte”, wie gesagt, sie tat es nicht, denn dort wartete eine Fähre der Bluestar auf uns. Doch wie sagen wir bei den Devils? “Irgendwas ist ja immer”. Trotzalldem war die Überfahrt angenehm, die Bloody Maries schmeckten vorzüglich und wir erreichten Igoumenitsa problemlos um uns sofort über den Katara Pass in Richtung Kalambaka auf den Weg zu machen.

Eine herrliche kurvenreiche Strecke, dieser Katara Pass, doch mir klingen immer die Horror Storries der Griechen im Ohr, wenn sie von dieser Bergstrasse sprechen, der sie frei übersetzt den Namen “Fluch” gegeben haben. Von fürchterlichen Unglücken wird gesprochen, und obwohl ich weiss, dass meine geliebten Griechen immer gerne etwas dramatisieren, zügelte ich die 142 Pferde meiner FJR. Schliesslich wollten wir diesen Urlaub nicht nur ohne Frauen, sondern auch ohne Unfälle hinter uns bringen. Nach einem schönen Ausblick von der Passhöhe ins Tal machten wir uns auf den Weg hinab nach Kastraki, welches wir nach 783,5 Kurven erreichten.
Wie immer, hatte ich das gleiche, wunderschöne, beruhigende Gefühl, als die ersten Sandsteinfelsen im Dunst auftauchten. Es ist ein Phänomen, wie riesige Stalagmiten ragen sie auf einmal aus dem Nichts hervor, und ich war überwältigt, wie schon damals, als ich im zarten Alter von 10 Jahren das erste mal an diesem Ort gewesen war. Es hat weniger etwas mit Religion und Glauben zu tun, immerhin befinden sich auf den Spitzen dieser Felsen die weltberühmten Meteora Klöster, als viel mehr mit dieser bizarren Landschaft, die für mich persönlich zu den Top 10 der Flecken in Griechenland zählen, die ich schon gesehen habe. Vor allem in der Abenddämmerung, wenn die vielen Touristenbusse den Ort verlassen haben, könnte ich Stundenlang auf einem der Felsen hocken und die Landschaft in mich hineinsaugen. Und genau das taten auch wir Devils, nachdem wir unsere Zelte auf dem Camping Platz Vrachos, umgeben von 30 feindselig gesinnten Niederländern in Ihren Wohnwagen, aufgebaut hatten. Niederländer, die am nächsten morgen mit dem lauten schlurfenden Geräusch Ihrer Holzpantinen, an unseren Zelten vorbei zu den Waschräumen pilgerten, zu einer Uhrzeit, die auch in dieser von Klöstern geprägten Umgebung als unchristlich bezeichnet werden darf.

 

Wir verweilten ein paar Tage in Kastraki, teils notgedrungen, da vermeintlich Amandas Batterie ihren Geist aufgegeben hatte. Eine Neue hatten wir in der Motorradwerkstatt im nahen Kalambaka bestellt, allerdings mussten wir ein paar Tage auf den Akku warten, da so ein 30Ah Trümmer absoluten Seltenheitswert hat in einem Land, wo eine 750er Africa Twin schon zu den richtig grossen Maschinen zählt. Uuuulf und ich nutzen einen dieser Tage zu einer traumhaften Tour ins Gebirge und in den Pertouli Nationalpark, während Onkel Rolf innerhalb eines Tages jeden auf dem Camping Platz kennenlernte. Doch dann war sie da, die Batterie, ich liess noch einen schnellen Ölwechsel bei der FJR durchführen und konnte den Besitzer der Werkstatt nicht davon abhalten eine kleine Probefahrt zu machen, von der er begeistert und ohne Schaden zurückkehrte. Aber irgendwas ist ja immer, und so schnallten wir unser Gepäck und machten uns auf den Weg nach Delfi. Natürlich nicht über die Hauptverkehrsstrasse, wir wählten den geraden Weg, quer über die Berge.

Eine wunderbare Tour von ca. 250 km Länge, die ich jedem nur empfehlen kann. Der Weg führte nach Karditsa und von dort über einsame Bergstrassen bis nach Nafpaktos. Diese Strecke als Kurvenreich zu beschreiben wäre sicherlich falsch. Ich glaube Geradenlos ist die bessere Umschreibung. Auf dem Weg kamen wir in wunderschöne kleine Bergdörfer, so abgelegen, dass drei Motorräder und dann auch noch aus dem Ausland, wahrscheinlich noch heute das Tagesgespräch im Kaffenio unter der grossen Platane sind. Am frühen Abend erreichten wir Nafpaktos, tankten auf wollten weiter nach Delfi, bevor die Dunkelheit uns heimsucht...

 

...Wir wollten wie gesagt, nicht jedoch Amanda, welche zu zicken begann und Onkel Rolfs bestimmenden Druck mit seinem riesigen Daumen auf den Starter Knopf schlichtweg ignorierte. Die Batterie war wieder leer und uns dämmerte, dass wir ein echtes Problem hatten, konnten doch nur noch Regler oder gar Lichtmaschine die Ursache sein. Selbst der immerruhige Onkel Rolf war mit einem einfachen “Irgendwas ist ja immer” nicht ganz zu beruhigen und somit mussten wir handeln. Der Plan war eine nahe liegende KFZ-Elektriker Werkstatt aufzusuchen, den Akku soweit zu laden, dass eine Fahrt bis auf den Camping Platz nach Delfi möglich wird um dann am nächsten Tag mit Hilfe des ADAC weitere Entscheidungen zu treffen. Vor unserem geistigen Auge sahen wir uns schon Tagelang auf eine Lichtmaschine warten, machten aber die Rechnung ohne den KFZ-Elektriker, der zuerst zaghaft schaute, sich dann aber samt seines Gehilfen voller Energie Amandas Problem widmete, alle Leitungen zur Lichtmaschine kurzerhand mit einem Seitenschneider trennte um dann einen Regler unbekannten Fabrikats auf Amanda passend zu machen. Die Calli überlebte diese Transplantation erstaunlich gut, stiess das fremde Organ nicht ab und lebt heute noch mit diesem Lichtmaschinenregler besser als je zuvor, ja ich muss sogar sagen, das Motorrad wirkt irgendwie jünger auf mich, aber das ist sicherlich meine Phantasie. Jünger wirkte auf jeden Fall Onkel Rolf, der die Last von ca. 200 Steinen abgeworfen hatte und wir machten uns auf den Weg nach Delfi, wo wir trotz der mittlerweile fortgeschrittenen Stunde sowohl Kost, als auch Logis fanden.

 

Gut gelaunt liessen wir uns vom schlechten Wetter des nächsten Tages nicht abhalten und schlugen den Weg nach Athen ein, wo wir ein paar Tage im Haus meiner Schwestern, auf der östlichen Seite von Attika, nähe der Ortschaft Keratea verweilen wollten, nicht zuletzt um Ulf einen Einblick in die Millionenmetropole zu geben. Rolf und ich hatten Athen schon auf der 97‘er Reise durchquert, sehr zu unserem Vergnügen, und wir dachten, dass es auch Ulf eine Freude machen würde, die Yamaha durch eine Stadt von solchen Ausmassen zu treiben, ohne dabei ernsthaft in Gefahr zu geraten für ein Missachten von Verkehrsregeln bestraft zu werden. Ferner hat Athen wunderschöne Ecken, alleine der Blick vom Lykabettos auf die Stadt und natürlich die Akropolis, ist die Strapaze wert. Leider konnten wir Ulf nicht begeistern, der bedingt durch einen klemmenden Kupplungszug keine allzugrosse Freude an der Fahrt durch die Stadt finden konnte, die heute mit allen Vororten fast 4 Millionen Einwohner zählt. Beim Schreiben dieser Absätze muss ich an das Athen meiner Jugend denken, 1967, als lediglich eine Handvoll grosser amerikanischer Limousinen die Strassen dieser Betonwüste nutzte und der heute herrschende Verkehrsinfarkt undenkbar erschien. Wir genossen noch eine sündhaft teuren Nescafe Frapè im kleinen, der Akropolis zugewandten Cafè, zu welchem man gelangt, wenn man nicht den ganzen Lykabettos bis zum Theater hoch fährt.

 

Am Abend besuchten wir ein Manu Chao Konzert im Piräus, nebst abenteuerlicher Anfahrt auf dem Papaki von Thanassis. Papaki nennen die Griechen diese kleinen Honda Mopeds mit Kunststoffschürze und auf genau diesem fuhr uns Thanassi, jeweils mit zwei 2 Sozii zwischen dem im Verkehrsinfarkt steckenden Corsa meiner Schwester und dem Konzertgelände hin und her. Kräftig pfeifend, da seine Hupe den Geist aufgegeben hatte. Aber irgendwas ist ja bekanntlich immer und am nächsten Tag sattelten wir wieder, um uns auf den Weg in den Pelopones zu machen.

Unser Ziel war ein Camping Platz, etwas südlich von Nafplio. Der Weg führte uns über die alte Nationalstrasse bis Korinth, wo wir die obligatorischen Souvlakia genossen, wie jeder Grieche auf dem Weg über den Kanal, der Attika vom Pelopones trennt. Der Kanal wurde im 19. Jahrhundert fertig gestellt und ist mit seinen 6,3 Metern Länge beeindruckend. Sowohl der Blick von der alten Autobahnbrücke, als auch der, den man auf Höhe der kleinen versenkbaren Brücke am Kanaleingang erhält lohnen sich und somit genossen wir beide ausgiebig um dann über Palea Epidaurus nach Nafplio zu gelangen. Ein kleiner Umweg, den wir nicht aus Unkenntnis, sondern der schönen kleinen Strassen wegen in Kauf nahmen.

 

Auf einem kleinen Campingplatz, ca. 20 Kilometer südlich von Nafplio verbrachten wir eine gute Woche, genossen die kleinen terrassenförmigen Zeltplätze mit Exlusivblick auf das Meer. Der Strand lag uns zu Füssen, keine 4 Meter entfernt, das wunderschöne Nafplion mit der Palamidi Burg, und der restaurierten Altstadt war uns mehrere Ausflüge wert und es bestand eigentlich kein Grund dieses kleine Paradies jemals wieder zu verlassen, doch wir wollten noch weiter in die Mani. Selbstverständlich haben wir auch dem Antiken Theater von Epidaurus einen Tag geopfert und ein urgriechisches Panigiri (Volksfest) miterlebt, samt ohrenbetäubend lauter Musik und schmackhaften Spanferkel, welches Kiloweise am Eingang zum Schulhof verkauft wurde.

 

 

 

 

 

 

 

Weiter ging die Reise über Tripoli, Sparta und einer wunderschönen alten Passstrasse nach Kalamta. Von dort ca. 70 Kilometer südlich in die Mani, wo wir auf dem Campingplatz Kalogria in Stoupa unserer Zelte aufschlugen. Eine weitere Woche verbrachten wir hier. Badetage, unterbrochen von Ausflügen ins Tiefste der Mani, den Dirou Grotten und ins nahe gelegene Githion, wo wir endlich einen neuen Kupplungszug für Ulf ergatterten. Mittlerweile war er, wegen der Blasen an seinen Fingern recht knatschig geworden, aber wieder einmal... irgendwas ist ja immer.

 

Die Rückfahrt führte längst den Pelopones hoch, ohne Rücksicht auf gut ausgebaute Strassen, die wir, wie immer, zu umgehen wussten, was diesen Griechenlandurlaub auch so unvergesslich macht. Ich kann jedem nur raten alles auf der Karte abzufahren, was in gelb dargestellt ist und die grün und rot eingefärbten Strassen zu ignorieren. Wir landeten in Kalavrita, einem Ort, an dem sich die Wehrmacht nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat mit Ihren Gräueltaten, um von dort rechtzeitig am frühen Nachmittag in Patras anzukommen, von wo uns die Superfast wieder nach Ancona bringen sollte....

.... was sie wieder einmal nicht tat, zumindest vorerst nicht, waren doch die Griechischen Seeleute auf die Idee gekommen in den Streik zu treten und unseren Urlaub um 4 Tage zwangszuverlängern. Somit hiess es wieder einmal Zelte aufbauen, im nahen Rio, ausserhalb vom Patras. Wir lernten jeden kennen auf dem Platz und im Hafen, waren wir doch dazu verdammt uns nicht allzu weit von Patras zu entfernen, weil niemand sagen konnte, wann die Seeleute Ihre Arbeit wieder aufnehmen würden.

Sie nahmen sie, wie gesagt 4 Tage später, wenn auch in Form einer Zwangsrekrutierung durch die Regierung, wieder auf und 17 Fähren verliessen fast gleichzeitig den Hafen von Patras. Ein wunderbares hektisches Schauspiel im Hafen, dass man auch mit Lkw-Spaghetti bezeichnen kann.

Der Rückweg führte uns über das Timmelsjoch, es waren seit der Anreise 3 Wochen vergangen und es hatte, es war nun Juni, keine weiteren Schneefälle mehr gegeben.

Alles in allem war dies ein kurzer Abriss über herrliche 3 Wochen in Griechenland, gerne hätte ich mehr geschrieben, detaillierter geschildert, doch dieser Bericht sollte ein Teil meiner Internet Site werden und nicht ein Site-füllendes Buch.

 


(c) Ralf Nicolaus -  Veröffentlicheung an anderer Stelle nur mit Genehmigung des Autors


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