Gästebuch

>

Philosophien

Einige kennen vielleicht noch diese Seite, als hier  viele Erkenntnisse und Gedankenegänge standen, die auch heute noch für mich sehr wertvoll sind und nach denen ich weiterhin zu leben versuche. Allerdings sind dieser Erkenntnisse nicht mehr für jeden so ohne weiteres zugänglich.

Der Grund dafür ist eine weitere Einsicht, die ich zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht hatte, die ich gerne hier erklären möchte.

In der ersten Phase meines Lebens, und dazu zähle ich locker die ersten dreißig Jahre davon, war ich ein Fähnchen im Wind. Ich kannte mich nicht, hatte mir noch nie recht die Mühe gemacht in mich reinzuhorchen, hatte mir nie so richtig Gedanken über mich gemacht... wie drückte es meine Jugendfreundin Areti  vor Jahren einmal aus... Gedanken ob ich roten oder weißen Wein lieber mag. Ich bevorzugte roten, wenn Weinkenner mir sagten, daß der Rote der richtige sei. Ich hatte nicht gelernt zu jeder Situation einen anderen zweiten Blickpunkt zu finden, für mich abzuwägen, ob es nicht meine Einstellung zu den Dingen ist, die mich in vielem schlecht fühlen lies. Ich war so sehr damit beschäftigt Maßstäben anderer Menschen zu genügen um lieb gehabt zu werden und um ihnen zu gefallen. Und umso entäuschter war ich, wenn alle meine Bemühungen nicht zu dieser Liebe führten, ich mich in dieser Anpassungsfähigkeit zu etwas entwickelt hatte, was nicht ich war. Etwas das ich selber nicht lieben konnte und somit auch für andere nicht unbedingt liebenswert war. In vielen Dingen war ich erfolglos und eines tat ich immer sofort: Einen Schuldigen suchen dafür, wenn es mir nicht gut ging. Das konnte meine Frau sein, die Umstände, das Wetter, der Chef... alles konnte es sein,  nur ich und meine Einstellung und Ehrlichkeit zu mir selber nicht. Heute weiß ich, daß eine Vielzahl meiner Mitmenschen genau so sind wie ich in Phase eins. Es ist wohl die normale Entwicklung des Menschen, was weiß ich.

In der zweiten Phase lernte ich mit vielen Dingen ganz anders umzugehen und es tat sich traumhaft Schönes bei mir. Ich fühlte mich ruhig und ausgeglichen und ich merkte schnell, daß ich mir viel mehr Dinge zutraute als früher. Ich merkte, daß ich in vielen Dingen regelrechten Erfolg hatte, nachdem ich endlich aufgehört hatte mich selber auszubremsen oder ausbremsen zu lassen. Nachdem ich Dinge tat, die mir gefielen, Dinge lernte, die ich lernen wollte und nicht Dinge, von denen ich meinte ich müsse sie beherrschen, weil andere das gut fanden und mich dafür bewundern würden. Ich merkte, daß ich eine eigene Meinung entwickelte, daß ich mich immer wieder mit mir selber kritisch darüber auseinandersetzen kann, ob nicht mein Standpunkt und Sichtweite das eigentliche Problem ist und ob nicht eine andere Sichtweise eine Lösung für das Problem vereinfachen würde. Ich war so begeistert von dieser Entwicklung und den wunderschönen Folgen, daß ich diese Erkenntnisse und Wege zur meiner inneren Ruhe voller Euphorie allen Mitmenschen schenken wollte.  Mir ging es mit meiner Einstellung zu mir so richtig gut und ich wollte in meiner Naivität anderen den Weg dahin zeigen. Und ich bin ehrlich, so ein bißchen erhoffte ich mir auch die Bestätigung der anderen, die meine Erkenntnisse vielleicht teilen oder die ich zum Erlangen eigener Erkenntnisse animieren konnte.

Ich bin heute in einer dritten Phase meiner Entwicklung. Ich habe die Erkenntnis, daß viele mit den für mich gültigen Erkenntnissen überfordert sein könnten, da sie sich vielleicht selber sogar noch in Phase eins befinden, wenn ihre Entwicklung ähnlich meiner eigenen ist. Oder, daß meine Erkenntnisse auf sie gar nicht zutreffen und für sie nicht funktionieren. Auf jeden Fall kam ich zu der richtigen Einsicht, daß andere sich diesen Weg selber erarbeiten müssen, damit er fruchtbar ist. Ich habe ausserdem die Erkenntnis, daß ich keine Bestätigung anderer brauche für die Dinge, die ich in meinem Privatleben für mich selber als richtig erkannt habe. Meine Erkenntnisse bilden meine Persönlichkeit, die so einzigartig ist, wie alle anderen Persönlichkeiten in dieser Welt einzigartig sind. In meinem Fall für mich eine Persönlichkeit mit der ich, bis auf meine Schwächen, an denen ich arbeite, immer zufriedener werde. Ich fühle mich heute wie ein guter Wein, der immer besser wird, je mehr er reift. Und  meine Erkenntnisse und meine Lernfähigkeit sind meine Schatztruhe aus der ich immer wieder schöpfen kann für meine weitere Entwicklung. Daher sind alle hier zuvor aufgeschriebenen Philosophien in  mein persönliches, nur für mich zugängliches Tagebuch abgewandert, da gehören sie hin, nicht ins Internet.

Ich werde weiterhin gerne mit Menschen philosophieren, das aber nur mit denen, die auf mich zugehen und die echtes Interesse an dem Gedankengut haben, das für mich richtig ist. Ich möchte in meiner dritten Phase der Entwicklung nicht mehr wie ein laufender Fernseher in der Küche funktionieren, der seine Informationen rausposaunt und dem jemand vielleicht gedankenverloren beim Kochen zuhört ohne sich richtig dafür zu interessieren. Ich möchte viel mehr in dieser Phase meines Lebens wie ein gutes Buch sein. Ein gutes Buch liest der aufmerksam, der Interesse daran hat, er nimmt sich Zeit dafür, macht sich eine schöne ruhige Stimmung im Zimmer, zündet vieleicht Kerzen an, und freut sich darüber voller Wissensdurst und genüßlich, ungestört in ihm zu lesen. So wichtig möchte ich mir sein, wenn es um mein Gedankengut geht.

Wer mich also wirklich kennenlernen möchte, muß sich schon die Mühe  machen in diesem Buch zu lesen. Sich Zeit nehmen, sich persönlich mit mir unterhalten. Wenn er das tut, öffne ich mich so unwahrscheinlich gerne.

21.11.2005 Ralf